Festschrift 1929

Festschrift 1929

Festschrift 1.6.1929 Gesangsverein „Einigkeit“ Eichloch

Zur Geschichte der Gemeinde Eichloch (Von Karl Schröder, Staatsanwalt in Mainz)

Die Festschrift von 1929 als PDF (ca. 26 MB)

Es ist ein guter Gedanke, in Vereinsfestschriften Heimatgeschichte zu pflegen und deshalb habe ich mich gerne daran gemacht, etwas über die Geschichte meiner Heimatgemeinde zu schreiben. Diese Abhandlung soll keine lückenlose Geschichte von Eichloch sein, sondern nur eine volkstümliche Darstellung der Entwicklung der Gemeinde in großen Zügen.

Rheinhessen war bereits zur Römerzeit (erstes und zweites Jahrhundert nach Christi Geburt) dicht besiedelt. In zahlreichen Städten und Dörfern wohnten neben der keltisch-germanischen Urbevölkerung römische Besatzungsangehörige und mit den Römern aus dem jetzigen Frankreich eingewanderte Gallier. Ausgediente römische Offiziere und Soldaten ließen sich auf Gutshöfen nieder, um die sich wiederum Arbeiter ansiedelten. Ein ausgedehntes Straßennetz verband die Siedlungen mit der Hauptstadt Moguntiacum, heute Mainz. Während Tempel, Theater, reiche Grabmäler und Villen die Städte zierten, leuchteten aus den grünen Fluren Rheinhessens allenthalben die römischen Kastelle und Gutshöfe, massive Steinbauten mit roten Ziegeldächern. Neben der Hebung des Handels und des Handwerks brachten uns die Römer die Rebe. Römische Ausgrabungen sind zwar in Eichlocher Gemarkung nicht erfolgt: trotzdem dürfte nach den bei der Feldbestellung zuweilen vorkommenden Funden römischer Münzen auch hier mindestens ein kleiner Hof gestanden haben. War doch die nächste bedeutende Römersiedlung unser Nachbarort Wörrstadt und führte doch in nächster Nähe von Eichloch die vorzügliche Römerstraße Mainz - Nieder-Olm – Wörrstadt – Alzey! Gegen Ende der Römerherrschaft besiedelten die Rom freundlichen Burgunden unser Land für kurze Zeit ( König Gunther von Worms, Volker von Alzey im Nibelungenlied ) und wichen dann dem Ansturm der Franken, die sich in rücksichtsloser Kolonisation das Land unterwarfen. Von 180 rheinhessischen Gemeinden tragen allein 140 Namen die fränkische Ortsbezeichnung „heim“ am Ende, während die keltisch-römischen Ortsbezeichnungen mit „weiler“ nahezu völlig verschwanden. ( Wallertheim, Armsheim, Spiesheim u. a. ) Die Urbevölkerung ist damals sicherlich nur zum Teil geflohen oder vernichtet worden, während der andere Teil, wohl die ärmere Bevölkerung, sich mit den Franken vermischte und ihnen die römischen Kulturerrungenschaften vermittelte. So ist der Weinbau durch die Zurückbleibenden weitergepflegt und auch von den Franken am Rhein betrieben worden. Aus dieser Zeit (500 nach Christus) stammen auch die ersten Nachweise über die Siedlung Eichloch. Beim Bau der „neuen Chaussee“ Anfang d. Jahrhunderts wurde am „Wallertheimer Weg“ ein reichesfränkisches Gräberfeld aufgedeckt, durch das – insbesondere seine jetzt im Mainzer Museum verwahrten Grabbeigaben – die Existenz eines fränkischen Dorfes an der Stelle des heutigen Eichloch festgestellt ist. Urkundlich wird Eichloch zuerst im Lorcher Kodex in einer Schenkungsurkunde im Jahr 824 erwähnt: der Eichlocher Einwohner Liutfried schenkt am 6, September dieses Jahres „im Namen Gottes zum Heil seiner Seele an den heiligen Märtyrer Nazarius einen Mansus 1) und 30 Tagwerk Acker und 1 ½ Tagewerk Weinberg und alles Zubehör im Heichinloch genannten Dorf gelegen“. Nutznießer dieser Schenkung war das Kloster Lorsch, das ferner im Orte „eine Hufe“ Landes besaß. Eine Kirche gehörte schon früher zum Ort und dürfte, wie Gewannamen „in der alten Kirch“ und „Altarwiese“ bewiesen, zwischen der Rommersheimer Mühle, und dem heutigen Ort Eichloch gelegen haben. Der Name des Dorfes lautet in alten Urkunden: Heichingloch (824), Eicheloch (1283), Eychinloch (1340) und Eichenloch (1438). Da das Dorf sich in einem nach Sulzheim zu offenen Talkessel einschmiegt, der aus mehreren Hügeln gebildet wird, wäre es an sich möglich, dass die zweite Hälfte des Namens durchaus im heutigen Sinn gebraut wurde. Da in der fränkischen Zeit die Eichlocher Gemarkung mit großen Waldungen bedeckt war, deren Ueberreste heute der Feldbereinigung leider teilweise zum Opfer fallen, könnte die erste Silbe an sich auf große Eichenwaldungen deuten. Die zahlreichen auf „Born“ endigen Flurnamen (Sumborn, Lippeborn, Neuborn, Kirchborn, Holzborn) und andere (die Hecken, Wildhaid, Wolfsberg, Holzstraße, Kukukgewann, Rehgarten u.a. lassen auf reichen Waldbestand schließen 2). „Loch“ bedeutet in unserem Fall Wald (althochdeutsch „lohe“) und zwar im Zusammenhang mit dem vollen Ortsnamen: „Wald des Heicho“. Dies ist die natürlichste Deutung des Namens Eichloch. Vielleicht besaß hier der vermögende Franke Heicho großen Waldbesitz nebst gerodetem Landgut, um das denn allmählich das Dorf entstand. Dies gehörte im alten Frankenreich , das in Gaue unter Gaugrafen eingeteilt war, ursprünglich zum Wormsgau, dann zum Nahegau. Die Nachfolger dieser Nahegrafen waren die Wildgrafen, deren Geschlecht sich durch Erbschaft 1283 mit den Rheingrafen vereinigte. Im_Sumborn
Im Sumborn (= Sonnenborn = sonniger Waldquell).

(Rheingrafenstein bei Münster am Stein). Nach mehreren, hier nicht interessierenden Erbteilungen kam schließlich Eichloch an eine Nebenlinie, die Rheingrafen zu Rheingrafenstein oder (Gau)Grehweiler, zu deren Herrschaft ferner gehörte: Gau-Grehweiler (Herrschaftssitz), Rheingrafenstein (Amtssitz), Ober-Saulheim, Wendelsheim, Steinbockenheim, 3/16 von Flonheim und 10/16 von Wörrstadt. Lehnsherr dieser Herrschaft – auf dem Papier – war der Churfürst von der Pfalz (Heidelberg). Seine Lehenshoheit äußerte sich nur in Ausnahmefällen; so beanspruchte er für sich das Recht auf die „Wildfänge“. Im Mittelalter waren Land und arbeitende Bevölkerung regelrechtes Eigentum der Fürsten und die Leibeigenen mußten durch Steuern und Frohnden ihre ewig hungrigen Herren ernähren. Deshalb beanspruchte der Churfürst das Recht auf alle in die rheingräflichen Gemeinden zugezogenen Fremde („Wilde“), was ihm bestritten wurde. Eine Liste der Wildfänge der Gemeinde Eichloch (und anderer Orte) ist und erhalten. Als langwierige Prozesse vor dem Reichskammergericht ergebnislos verliefen, kam es 1664 zum sogen. „Wildfangkrieg“, der für Churpfalz ungünstig ausging: die Wildfänge wurden frei, d. h. Eigentum der Rheingrafen. Die „Regenten“ von Eichloch bieten außer dem berüchtigten Carl Magnus nichts von Interesse; sie erhoben von ihren Untertanen ebenso drückende Abgaben, wie die anderen Fürsten auch. Anläßlich der Erbteilung im Jahr 1515 wurde als jährliche Grundabgabe der Gemeinde Eichloch festgesetzt: 24 Malter Korn (Binger Maß), 26 Fastnachtshühner, 4 Gulden 12 Albus in Bar, 9 Albus Abgabe vom Backhaus und 55 Pfund Oel als Abgabe des Gemeindebäckers. Dazu kam noch der Zwang zur Fron(arbeits)leistung die damals ständig nötigen Kriegssteuern. Denn unser Grenzland war seit dem dreißigjährigen Krieg ununterbrochen von Kriegen und Einquartierungen heimgesucht. Furchtbares duldeten die Bewohner durch die Franzosen z. Zt. der Raubkriege Ludwigs des Vierzehnten und 100 Jahre später durch die Revolutionsarmee. Heidelberg, Worms, Oppenheim und viele andere Orte gingen 1689 in Flammen auf. Manch Schwere Verpflichtung für seine Gemeinde mußte damals der Eichlocher Schultheis Hans Sacks auf sich nehmen. Da mußten Reißwagen = Kriegswagen mit Pferden, Geschirr und Bedienung gestellt, Verpflegung und Fourage besorgt, Kontributionsgelder aufgebracht werden, sonst wurde das Dorf niedergebrannt. Hohe Rechnungen präsentierten die Gastwirte der Gemeinde für die Verköstigung der Strafexpeditionen oder die „Salveguarden“, d. h. zum Schutz gegen Plünderung einquartierte Besatzung. Offiziere nehmen hohe Geldbeträge dafür an, daß ihre Mannschaften Zucht halten usw. Tausende von Gulden gingen für diese Zwecke alljährlich dem immer mehr verarmenden Bauernstand verloren; die Landwirtschaft lag darnieder und es wundert uns weder, daß alle Schultheißen unserer Gegend im Jahr 1674 aufgefordert werden, - nach den Verwüstungen Turennes – „alle wüsten Oerter und vacanten Güter“ anzugeben, noch daß hier zahlreiche Wölfe auftreten und erlegt werden (Kreuznach). Die Verschuldung nahm so zu, daß schließlich die ganze Gemeinde vom Schuldheiß bis zum einfachsten Bauer seine Güter „Verlegen“, d. h. beleihen mußte. Die Eichlocher Verlegungsprotokolle von 1762-1768 geben über diesen hypothekarischen Creditverkehr der Gemeinde Aufschluß. Die Hauptgeldgeber waren die katholischen Stifter St. Alban, das früher in der Gemarkung reich begütert war (siehe die Grenzsteine in der Gemarkung) und St. Peter, beide in Mainz. Dann finden wir vor allem Hofbeamte, die steuerfrei waren und sich deshalb verdientes – und nicht zu selten erschwindeltes – Geld in aller Ruhe anlegen konnten, und Handelsjuden. Hier seien besonders genannt Löb Israel von Groß-Winternheim, Heyum und Israel von Eichloch, Josef Feitz von Flonheim und Mardochei Levi von Wallertheim. Aber auch kleine Hofbedienstete waren zur damaligen Blütezeit schrankenlosen Absolutismus’ in der Lage, den armen Eichlocher Bauern Geld zu leihen, so die kurfürstlichen Hofkutscher Georg Fritz und Georg Adam Heck, der Husar Peter Hasselbach, die Jungfer Gertrud Dopp, alle vom Mainzer Hof. Von der „Residenz“ Gau-Grehweiler war nichts zu holen; im Gegenteil: Carl Magnus „unser allergnädigster Herr“ schwindelte sich allerhöchst aus den Taschen seiner guten Eichlocher, was er nur kriegen konnte. Er führte einen verschwenderischen Lebenswandel, wollte es dem „Sonnenkönig“, Ludwig 14. gleichtun und erbaute sich in Gau-Grehweiler ein herrliches Schloß mit 2 Flügeln und allem Zubehör im Versailler Stil, einen Hirschgarten und einen Lustgarten mit herrlichen Wasserkünsten. Die Hofhaltung mit zahlreichen Lakaien und Haiducken war überaus luxuriös. Nachdem er von seinen Untertanen an Geldsteuern nichts mehr bekommen konnte, beging er zahlreiche Schwindeleien; u. a. ließ er sich in Eichloch und anderen Orten Bürgschaften, Schuldanerkenntnisse u. drgl. von den Schulkindern mit den Namen ihrer Eltern unterschreiben. Diese erschwindelten – natürlich wertlosen – Urkunden verwendete er mit bestem Erfolg, um sich Kredit zu verschaffen. Völlig verschuldet wurde vom deutschen Kaiser Josef 2. gegen ihn Untersuchung geführt und er zu 10 Jahren Festung verurteilt, die er trotz vieler Gnadengesuche auch in der Festung Königstein verbüßen mußte. Bald nach seiner Entlassung – 1795 – starb Carl Magnus. Der Eichlocher Pfarrer Geiger, wie sein Herrscher ehemals in französischen Militärdiensten, Carl Magnus als General, Geiger als Feldprediger im Regiment Royal allemand, war Carl Magnus spezieller Freund und Seelsorger; er besuchte ihn oft in Gau-Grehweiler und später in Königsstein. All diese Erlebnisse und sonstige Geschehnisse jener Zeit hat der berühmte, (1822)18{2}2 in Kreuznach in völliger Verwahrlosung verstorbene Magister Laukhardt, ein Sohn des Wendelsheimer Pfarrers, in seinen zahlreichen Werken beschrieben, die jeder Rheinhesse einmal gelesen haben müßte. 1816 wurde das Gau Grehweiler Schloß versteigert mit allem Drum und Dran und heute findet man von der ganzen Herrlichkeit nichts mehr, außer den gewaltigen Kellern und hie und da in einem Bauernhaus ein von den Voreltern {s}. Zt. ersteigertes Stück Möbel aus dem Schloß. Sic transit gloria mundi = So vergänglich ist der Welt Ruhm.

Bevor ich die neuere Geschichte unseres Ortes bespreche, betrachten wir die kirchliche Entwicklung, die ja durch die französische Revolution ebenfalls in andere Bahnen gelenk wurde. Für die Geschichte ist die Kirche des Mittelalters natürlich von der größten Bedeutung, da früher die weltlichen Geschäfte mit den kirchlichen stark verquickt waren. Ein großer Teil der Gerichtsbarkeit wurde durch die Geistlichkeit ausgeübt. Durch die zahlreichen frommen Stiftungen wurde die Kirche die Lehnsherrin mächtiger Güter, aus deren Zins, auch „Gült“ genannt, die Geistlichkeit aller Grade ihren reichlichen Unterhalt bestritt. Eine Kirche gab es in Eichloch schon vor 782; sie kam in diesem Jahr vermutlich durch Schenkung Kars des Großen an das Kloster Hersfeld; 1057 wurde sie an das Domstift zu Mainz abgetreten. Natürlich war das wichtigste dieses Besitzes der Anspruch auf die Kirchengefälle, wie Messgelder, Stiftungen, Zins usw. Die Eichlocher Kirche – über ihre Lage sprach ich schon früher – wurde Pfarrkirche des Erzbistums Mainz und stand unter dem Archidiakonat von St. Maria im Feld (außerhalb der Mauern von Mainz gelegen) dann vom Heiligkreuzstift in Mainz und gehört zum Dekanat Partenheim. Anläßlich der Reformation ging die kath. Pfarrei ein. Aus dieser Zeit sind mehrere interessante Urkunden erhalten. Am 25. Mai 1331 nimmt der bischöfliche Notar Hermann in Bingen in dem Haus genannt „zum Walde“ in der über dem Keller liegenden Stube zu Protokoll, daß der Heino Hohenfelder von Eichloch und seine Frau Abradis zum Seelenheil ihrer Eltern und anderen Vorfahren dem Domstift zu Mainz einen jährlichen Zins von zwei Malter Korn versprochen hat. (Mit diesen Schuldbriefen wurde dann gehandelt, wie heute mit Industriepapieren etwa). Eine andere Urkunde des Mainzer Weltgeistlichen und Notars Heinrich von Frankfurt ist datiert vom 21. mai 1340; ich übersetze sie der vielen Eichlocher wegen, die darin genannt sind, fast wörtlich aus dem Lateinischen. Sie lautet:

Hierauf begaben sich der Kaplan des St. Agnetenklosters in Mainz Wolfram von Wendelsheim und der Dauervicar des Doms zu Mainz Herrmann von Battenberg nach dem Dorf Eychenloch bei Wörrstadt. Hi{e}r bekannte der vorgenannte Wolfram um 3 Uhr Mittags auf dem Platz genannt das „Clafhus“, wo das weltliche Gericht dieser Gemeinde abgehalten zu werden pflegt 3), in Gegenwart des Schultheis Wykenand, des Berthold Oppenheimer, des Bentzo, des Wolfram Rode, Wentzo Woldringk, des Dulmann und des Melpecher, alle Hübner (=Bauern) in Eichloch und vor anderen versammelten Eichlocher Hübnern, sowie dem Notar und den folgenden Zeugen, daß er einen Jahreszins von drei Maltern Korn, die er aus sechs Joch Acker auf dem Berg am Gabsheimer Weg vom Grundeigentümer Henekin Schwab von Eichloch, der sie ihm verpfändet hatte, zu erhalten habe, an das Mainzer Domkapitel verkauft habe. Hierauf wieß der Schultheis Wykeland den Magister Hermann als Vertreter des Doms in den Besitz der Pfänder ein, indem er ihm nach Eichlocher Sitte einen Stab übergab. Zeugen des Aktes sind: Wernher, Kaplan von Eichloch, Berthold des Wentzo Sohn, Conrad Pfaffenecke, Hennekin genannt Alban.“

In der gleich Urkunde wird ein ähnlicher Akt von Sulzheim berichtet; dort erfolgt die Uebergabe jedoch nach Sulzheimer Ortsbrauch, nämlich der neue Eigentümer Hermann gibt dem Schuldheiß einen turiner Groschen und den versammelten Hübnern einen englischen Denar als „Bodinwin“, d. i. Kaufbestätigungswein. Ursprünglich wurde nämlich ein Becher Wein zum Zeichen des Kaufabschlusses auf den Boden gegossen, sicher ein Ueberrest eines alten heidnischen Opferbrauchs; später hatte sich dieser Brauch allmählich verloren und war durch Geldzahlungen ersetzt worden, nur der Name „Bodenwin“ war noch geblieben. Am 6. März 1548 verpfänden die Eheleute Klilian Wentzenman (=des Wentzko Simon) von Eichloch Haus und Hof in Eichloch und ein Stück Wingert Lorlerberg (lor=Steilhang) an die St Katharinenkapelle in Wallertheim. Als Anlieger werden genannt die Eichlocher Einwohner Jakob Becker, Deckerhen Wolf (=des Decker Johann Wolf und Jakob Wiskopf. Die heute noch in Eichloch ansässige und angesehene Familie Weiskopf gehört danach zu den ältesten der alteingesessenen Familien des Ortes. – 1592 verpachtet das Altenmünsterkloster in Mainz an die Eichlocher Einwohner Cordian Hübner und Frau Barbara, Hans Christ und Lucia und Peter Herrgott und Frau Margret 18 Morgen Acker in Eichlocher Gemark, früher des Klosters Hofmann in Rommersheim gehörig u. zwar:

10 Morgen „in der alten Kirch“ (Anlieger: Simon Mattes, C. Hübner)

3 Morgen „am Wallertheimer Weg“ (Anlieger: Philipp Decker)

5 ´´ ´´ ´´ (Anlieger: Simon Matthes Schimsheimer Gemark)

3 Morgen danebenliegend

Dies Feld war von allen Zehnten frei; an Abgaben sonstiger Art mußte entrichtet werden: für den Feldschütz ½ Malter Frucht, für die Rheingrafen 2 Malter Frucht und an „Gült“ (Pacht) 6 Malter Korn (Mainzer Maas). Dieser Vertrag ist vor dem Ortsgericht in Eichloch geschlossen worden. Eichloch war nämlich von den Wild- und Rheingrafen eigene Ortsgerichtbarkeit verliehen und durch das „Weistum“ vom 29. Juni (Peter und Paul) 1515 bestätigt worden. 4) 1592 bestand das Eichlocher Ortsgericht aus dem Schultheis (des) Belten Han(nes) und den Schöffen Bernhard Diehl, Hans Bechtholff, Conrad Herstedt und Wolf Decker. – Danach ist auch die Familie Diehl schon lange in Eichloch ansässig. Als Ortsgerichtssiegel hatten die Eichlocher das alte Siegel eines früheren Pfarrers übernommen, als noch Mainz die Priester in Eichloch anstellte und durch diese die niedere Gerichtsbarkeit ausüben ließ. Eichloch hatte als Schutzpatron den heiligen Alban, der in der spätrömischen Zeit im „Gartenfeld“ bei Mainz als Christ verfolgt und enthauptet, den Kopf mit den Händen vor der Brust tragend noch 100 Meter weit gelaufen und dann erst tot zusammengestürzt sein soll. Deshalb trägt das Siegel den heiligen Alban im Priesterkleid, den Kopf vor der Brust (auf dem Siegel des Mainzer Stadtarchiv stark abgeschliffen und nicht zu erkennen). Die Inschrift lautet: „Unleserlicher Name; Kreutz; pleba. (nus, d. h. Leutpriester) in Eichloch“.

Ortssiegel_Eichloch
Ortssiegel der Gemeinde Eichloch

Das Benediktinerkloster und Ritterstift St. Alban in Mainz, das insbesondere die Priester für Eichloch gestellt hatte, wurde 1552 durch Markgraf Albrecht von Brandenburg zerstört. Im gleichen Jahr wurde auf Grund des Vertrages von Passau die Reformation offiziell in den Rheingräflichen Landen eingeführt, wo sie vorher schon geduldet war. Als die Bilderstürmer die Kirchenbilder zerstörten – übler Auswuchs der Reformation – hatte sich auch in Eichloch ein solcher „Widerteuffer“ Hans Kloppenheimer niedergelassen (als Pfarrer) und seine Irrlehren verbreitet. Als aber die Rheingrafen sich ernergisch für das lutherische Bekenntnis einsetzten, war er abgezogen und hatte 1582 dem lutherischen Pfarrer Helias Hofmann aus Echzell Platz gemacht. 1584 wurden alle Pfarrer vom rheingräflichen Consistorium scharf auf ihr rechtes Bekenntnis geprüft und Hofmann im Amt bestätigt, nachdem er zugesichert hatte, den lutherischen Katechismus zu lehren, von nun an einen Chorrock zu tragen usw. Aber auch er hat sich schon über den schlechten Kirchenbesuch der Eichlocher beschwert und „ist deshalb Schultheiß auferlegt worden, fleißig uffsehen zu haben uf die Verseumer göttlichs Worts; Strafgeld zu nehmen von einem (Versäumer) 6 Albus. Auch die Weiber hineinzutreiben…“ Anscheinend war das kirchliche Leben schon sehr lange vernachlässigt gewesen, noch zur katholischen Zeit; die alte Kirche nach Rommersheim zu gelegen, wohl mehr Kapelle, bestimmt für Rommersheim und Eichloch, war zerfallen und 1584 wurde endlich an einer neuen Kirche gebaut. Aber auch sie hat nicht lange gestanden, denn bereits 1734 bis 1751 wurde die heutige Kirche erbaut. Die Kirche aus 1584 dürfte wohl in den französischen Raubkriegen oder durch Vernachlässigung zerfallen sein. Diese Raubkriege dienten nicht nur der französischen Machterweiterung, sondern waren gleichzeitig ein Kampf gegen den Protestantismus, in dem – das muß leider gesagt werden – die katholischen weltlichen und geistlichen Fürsten mit den Franzosen sympathisierten. Das ist nur aus den damaligen Zeitverhältnissen zu verstehen. Der Reformation waren Gegenreformationen gefolgt (etwa 1550-1650); mit ungeheurer Erbitterung wurde der Kampf bei allen Religionsrichtungen geführt und nur mit Achtung und Rührung liest man von vielfachem selbstlosen und opferfreudigem Heldenmut, den die Unterdrückten für das rein geistige Gut des Glaubens mit Taten, ja mit dem Leben bewiesen. Ich meine, in unserer heutigen materiellen, ichsüchtigen Zeit wäre das nicht möglich. Je nach dem Wechsel der regierenden Herren fanden damals Reformationen statt vom Calvinismus zum Luthertum, vom Luthertum zum Katholicismus und von da wieder zum reformierten Bekenntnis usw. Beispielsweise mußte die Gemeinde Hechtsheim bei Mainz innerhalb von 20 Jahren fünf mal ihren Glauben wechseln. In unserer Gemeinde blieb es zwar ruhig, da die Rheingrafen ununterbrochen reformiert blieben. Davon aber, daß allgemein in Glaubensfragen Ruhe eintrat, kann keine Rede sein, zumal in Rheinhessen (von heute) damals nahezu 50 verschiedene Herrschaften regierten. Dazu kamen die ständigen Störungen des Religionsfriedens durch die Franzosen. Gegen den Willen der evangelischen Fürsten wurde in Ryßwick 1697 Friede geschlossen und der Stand vor der französischen Besetzung wiederhergestellt, so jedoch, daß, die römisch-katholische Religion in dem Stand verbliebe, den sie zur Zeit des Friedenschlusses einnähme. An sich unter normalen Umständen nicht zu beanstanden; nun hatten aber die Franzosen überall mit Gewalt den katholischen Kult eingeführt und den Evangelischen die Kirchen aus ihrem Alleinbesitz weggenommen. Ihre Proteste waren vergeblich und die Zusatzklausel wurde im Frieden von Baden (1714) wiederholt; erst 1720 wurde auf Repressallien der rechtsrheinischen evangelischen Fürsten hin die Kirchenhoheit wiederhergestellt und die Simultankirche (gemeinsame Benutzung) aufgehoben, soweit die rheingräflichen Orte in Frage kamen. Bis dahin aber hatte die evangelische Gemeinde in Eichloch Schweres zu erdulden; die katholische Gemeinde zählte nur 11 erwachsene Männer außer den Frauen und Kindern. Da die Rheingrafen sich an die Simultanklausel des Friedensvertrags nicht gebunden fühlten, hoben sie in ihren Ortschaften nach dem Abzug der Franzosen alsbald das sogen. Simultanéum auf. Hierauf rückten 1698 in die betreffenden Orte kaiserliche Kriegsvölker, stellten das Simultanverhältnis, also die gemeinsame Benutzung der Kirche durch beide Konfessionen, wieder her, legten der evangelischen Bevölkerung hohe Geldbußen auf und quartierten starke Trupps in die Häuser der Evangelischen, wo sie schlimmer als im Krieg hausten. Die Soldaten – 200 Ungarn – hießen allgemein „die Salm’schen“, weil sie auf Veranlassung eines katholischen Mitregenten der Rheingrafen, des Fürsten zu Salm in Wien, entsandt worden waren. 1700 kam es in Frankfurt zu einer Einigung. Jedoch stürtzte sich einige Jahre später Kur-Mainz auf die unglückliche Friedensklausel und bediente sich der Franzosen, die damals wieder einmal unsere Heimat mit Krieg überzogen. 1714 ließ der französische Brigadier von Kleinholz, ein Fanatiker, den Wörrstadter Oberschultheiß Klick nach Kirn ins Gefängnis schleppen. 1718 wurden 2 katholische Geistliche von Kur-Mainz zur Versehung des Pfarrdienstes nach Wörrstadt, Ober-Saulheim und Eichloch geschickt und kurz danach (Ende April 1718) erschien der kurmainzische Rat von Hachenberg nebst dem Provicarius Dr. Hahn und 200 Mann Mainzer Truppen in den drei Orten, wo sie das Simultanéum erzwangen. Hier interessieren nur die Eichlocher Ereignisse. Da der Schultheiß sich weigerte, freiwillig die Kirchentür zu öffnen, wurde sie mit Gewalt von der Soldateska geöffnet und am nächsten Tag der erste katholische Gottesdienst in der Eichlocher Kirche abgehalten. Ein Leutnant und 20 Mann blieben bis auf weiteres im Ort. Dabei war in Eichloch niemals früher katholischer Gottesdienst gehalten und waren die Katholiken stets sehr duldsam behandelt worden. Man bedenke, daß erst kurz vorher der letzte blutige Franzosenkrieg mit ungeheuerlichen Brandschatzungen unser Land heimgesucht hatte (beendigt 1714 durch den Frieden von Rastatt) und wird verstehen, wie die neue Maßnahme unsere glücklichen Vorfahren getroffen hat. Es sollte noch schlimmer kommen! Am 24. u. 25. Mai 1718 erschien ein weiteres starkes Militäkommando, das noch gewaltätiger vorging, eine Anzahl Einwohner nach Mainz gefänglich abführte und in den 3 Orten Wörrstadt, Ober-Saulheim und Eichloch zusammen den evangelischen Einwohnern 350 Ohm Wein und 100 Morgen Land abnahmen, die den zwangsweis eingesetzten katholischen Pfarrern überlassen wurden. Trotzdem die Rheingrafen beim Reichskammergericht ein Verbot zu ihren Gunsten erreicht hatten, wurden die Einwohner weiter gefangen gehalten, ja es wurden sogar katholische Schulmeister in die fast rein evangelischen Orte gesetzt. Sie wurden von der Bevölkerung zurückgewiesen und zum dritten mal erschien Herr von Hachenburg mit seinen Soldaten. Der Pfarrer von Eichloch Martin Grauel (1698-1740) wurde auf schrecklichste drangsaliert; der Eichlocher Schultheiß; ein 70 jähriger Greis, hatte sich verborgen, wurde aber später entdeckt und in Gefangenschaft abgeführt, wo er so Hartes erduldete, daß er bat, „man sollte ihn erschießen oder sonsten töten, damit er seiner Marter abkäme.“ Schließlich 1720 kam dann die Erlösung. Zur Ehre der damaligen Eichlocher Katholiken sei es gesagt, daß sie die Maßnahmen von Kurmainz keinesfalls wünschten oder billigten. Sie wurden alle 10.-12. Mai 1718 protokollarisch vernommen über die wichtigsten strittigen Fragen und erklären zum Schluß: „sie hätten von den Kurmainzer Plänen nichts gewusst, weniger solche begehrt, trügen auch gar kein Gefallen an dem, was geschehen sei.“ Das Vernehmungsprotokoll ist ein interessantes Dokument für die katholische Gemeinde Eichloch. Die kirchlichen Verhältnisse entwickelten sich in der Folgezeit in Ruhe. Von den Nachfolgern des Pfarrers Grauel habe ich oben bereits Geiger genannt (1747-1781). Erwähnen will ich noch den klugen und einsichtigen Pfarrer Wehsarg (1783-1816), einen Freund des berühmten Bauersmanns und Dichters Isaak Maus in Badenheim 5). Die Eichlocher Pfarrer konnten sich einer gewissen guten Schulbildung erfreuen, was man von vielen anderen katholischen und evangelischen Geistlichen jener Zeit nicht sagen konnte. Man lese darüber Magister Laukhard und staune! Noch schlimmer war es mit den Schulmeistern. Meist waren es entlassene Soldaten, die selbst nur notdürftig schreiben und lesen konnten; allerdings fand man auch nicht selten solche, die auf Hochschulen studiert hatten. Beide Stände litten eben unter dem kulturellen Niedergang des abgewirtschafteten Zeitalters, das durch die französische Revolution endgültig gestürzt wurde. Nach der französischen Okkupation und der Napoléonischen Zeit finden wir in Eichloch einen Pfarrer, dessen wir besonders gedenken müssen: Georg Friedrich Lucius, ein Jugenheimer Pfarrerssohn, begabt mit hervorragenden Kenntnissen und pädagogischen Lehrtalenten. Während seines Aufenthaltes in Eichloch (1816-1822) war er Leiter seines berühmten Schülerinstituts, das er auch später fortsetzte und heute noch von seinen Nachkommen in Echzell (Oberhessen) betrieben wird. Pfarrhof_1915
Sonntag nachmittag im Pfarrhof 1915

Zahlreiche Kinder aus Rheinhessen, wie auch aus der weiteren Umgebung wohnten damals in voller Pension bei Lucius im Eichlocher Pfarrhaus und genossen die vorzügliche Erziehung des Lehrer-Pfarrers. Er hat den großen Pfarrgarten und den „Park“, das „Wäldchen“ genannt zum Wohl seiner Schüler angelegt. Schulmeister zur Zeit Pfarrer Lucius’ war Philipp Eckel, damals 60 Jahre alt; er wohnte im damaligen Lehrerhaus neben dem Pfarrhaus, dem Kreis’schen Haus, in dem das heute noch seine Nachkommen wohnen und das heute noch allgemein „ins Eckels“ heißt. Die alte Frau Kreis war eine geborene Eckel. – Auf Lucius folgten, wenn ich recht unterrichtet bin, die Pfarrer Schenk und Schlich und dann mein Vater, der in der landwirtschaftlichen Genossenschaftsbewegung eine führende Rolle spielte, den ersten Eichlocher Gesangsverein gründete und, glaube ich, der letzte hessische Pfarrer war, der das Pfarrgut selbst bewirtschaftet hat. Damit können wir die kirchliche Geschichte Eichlochs schließen und zur weltlichen zurückkehren.

„Liberté, Egalité, Fraternité“ – Freiheit Gleichheit und Brüderlichkeit verkündete die französische Revolution allen Völkern. Was Wunder, daß, unsere Vorfahren, die nächsten Nachbarn der „Neufranken“ – so nannten sich die Franzosen damals – hoffnungsfroher nach Jahrhunderten von Krieg, Frohn, Abgaben und Ausnutzung durch fast 50 kleine Despoten und ihre betrügerischen Beamten in die Zukunft sahen! 1792 drückte der Bauerndichter Isaak Maus aus Badenheim (1748-1833) seinem Freund Pfarrer Wehsarg in Eichloch eine von Maus verfaßte feurige Flugschrift in die Hand, die die Stimmung der rheinhessischen Bevölkerung so treffend schildert, daß, ich sie in einem Teil wenigstens bringen will. Der Teil lautet: Ein überrheiner Bauersmann an seinen Churfürsten. Es heißt da:

„Woran mags wohl liegen, daß wir arme Bauernsleute, die wir dies fruchtbare Land pflügen, doch nicht glücklich sind … ? Sollen wir jubilieren, daß wir 50 Jahre lang im Schweiß unseres Angesichts unser Feld bauen durften, um die Schweine und Hasen der Exzellenzen zu füttern? Oder sollen wir jubilieren, weil man uns oft mitten aus unserer nötigen Arbeit hinwegriß, um den Landschreibern und Oberbeamten im Frohndienst große Häuser zu bauen und nach ihren zusammengestohlenen Landgütern bequeme und kostbare Straßen führen zu müssen? Kömmt man zu den Herrn von der Regierung, so läßt man einen Stunden lang wie’n Hund vor der Tür stehen, und gelingt es uns endlich, unsere Not vorbringen zu können, so ist „Flegel“ und „Schurke“ unser gewöhnlicher Ehrentitel. –

Aber die Hoffnungen unserer armen Vorfahren wurden bitter enttäuscht, denn als Feinde, plündernd und mordend, zogen die Freiheitsscharen, zerlumpt und verantwortungslos, in unser Land ein, von den Bewohnern „Ohne Hosen“ (sans sculottes) genannt ihrer Kleidung wegen. Pfarrer Lucius schreibt über ihren Einzug:

„Tausende von sogenannten „Volontärs“, lauter Gesindel mitunter Galgenphysionogmien schreckhaft anzusehen, ergossen sich ins Dorf; hin und wieder mitten inne ein Reitersmann, der sich unter diesen aufgelösten, wilden Banden das Ansehen eines Führers zu geben schien. Piken, alte Musketen und Säbel, auch Stöcke und Heugabeln, Aexte, geradegebogene Sensen – das waren die Waffen. Zerlumpte schmutzige Kleider, aus denen häufig Knie und Arme zum Vorschein kamen, zerfetzte Schuhe und Stiefel, die nur teilweise die Füße und Zehen bedeckten, mitten in diesen wogenden Menschenknäuel da oder dort eine auftauchende Uniform mit Tornister und Patronentasche, die rote Jakobinermütze mit lang herabbaumelnder Quaste auf dem borstigen Kopf – das waren die gallischen Weltbeglücker … An zungenfertigen Marketenderinnen, von deren Hüten Trikolorbänder flatterten, fehlte es nicht, und ihrem auf der linken Seite herabhängendem Schnapsfäßchen wurde fleißig zugesprochen … Im Kot bis an die Knöchel watend – es hatte geregnet – brüllte ein Trupp die Marseillaise mit heiserer Kahle, ein anderer nachrückender Haufe sang das „ca ira“ („es wird schon gehen“), noch andere, im Kot hüpfend und springend, jolten die „Carmagnole - - - “ (ein Singtanz, der um die Guillotine und bei Festen von der Menge aufgeführt wurde, die sich an den Händen fassend, einen riesigen Kreis bildeten und herumtanzten.)

Der Pariser Nationalkonvent hatte die völlige Ausleerung der Rheinpfalz befohlen, was von den ausgehungerten Franzosen gründlich besorgt wurde. Der sogen. „Plünderwinter“ 1793/94 war das Schrecklichste, was unseren Vorfahren je mitgemacht hatten. Mainz wurde fast ohne Kampf den undisziplinierten Truppen überlassen und die Bauern mußten nun ständig an den Festungswerken schanzen, Spanndienste leisten, die sie wochenlang fernhielten usw. Hohe Kontributionen lasteten auf allen Gemeinden, denen es erst 50 Jahre später in der hessischen Zeit gelang, die Kriegsschulden zu tilgen. So kann man den damaligen Kommandierenden General Custine würdig an die Seite der anderen Pfalzverwüster Turenne und Mélac stellen, trotzdem er – theoretisch – im Namen der höchsten Bürgerideale tätig war. Erst nach dem Frieden von Camo Formio (1797), der die Rheinpfalz Frankreich zusprach, trat Ruhe ein. Zunftzwang, Zehnten, Fronden und sonstige Feudallasten, alle herrschaftlichen Güter, Klöster und Stifter, deren Besitz öffentlich versteigert wurde, wurden aufgehoben. Mancher Bauer konnte so seinen nicht lebensfähigen Kleinbesitz billig vergrößern und lebensfähig gestalten. Allerdings war der Tauschwert, den die Franzosen brachten, das Geld, bald fast wertlos: es sind die „Assignaten“, Geldscheine, die heute noch in Haufen auf unseren Bürgermeistereien lagern, weil sie niemand mehr annehmen wollte. Französisches geregeltes Steuersystem löste die früheren unregelmäßigen und unberechenbaren drückenden Lasten ab. Alle Jagdgerechtigkeiten fielen an die Gemeinden. Das Gerichtswesen wurde reformiert und die öffentliche Verhandlung eingeführt, später auch unter Napoleon neues Recht, sogen. code Napoleon, der bis 1900 in Rheinhessen noch galt, ein ausgezeichnetes Gesetzeswerk. Die Einführung der Schwurgerichte – das erste tagte gegen die Räuberbande des Schinderhannes – fand allgemeinen Anklang. Das Land wurde neu eingeteilt. Eichloch gehörte zum Department Mont {}Tonnère (Donnersberg), zum Kreis Alzey, zum Canton Wörrstadt und zur Bürgermeisterei (mairie) Armsheim (zusammen mit Schimsheim). Napoleon ließ hervorragende Straßen bauen, so 1808 bis 1811 die „Kaiserstraße“ von Mainz nach Alzey und Paris, auf der er nach dem unglücklichen Winterfeldzug in Rußland 1812 floh. Eichloch wurde mit der „Kaiserstraße“ durch eine gute Chaussée verbunden, die allerdings seit dem Bau der „neuen Chaussée“ nach Wörrstadt sehr an Bedeutung verloren hat. Die veraltete Dreifelderwirtschaft (mit Brache), die rechtsrheinisch noch üblich war, verschwand, Klee und Obstbäume, hohe Pappeln an einzeln stehenden Häusern als Blitzableiter (wie an Simons Mühle), ja sogar Maulbeerbäume für die Seidenraupenzucht wurden angepflanzt. Ein solcher stand noch vor dem Weltkrieg im Garten von Ramsbott an der alten Chaussée. Bei häufigen Heeresdurchzügen und dem großen Truppenbedarf überhaupt konnte die Landwirtschaft ihre Produkte gut absetzen und so finden wir unsere Bauern nach Eintritt fester Geldwährung unter Napoleon im Ganzen recht zufrieden mit dem Wechsel. Nur die Continentalsperre gegen England (Verbot der Einfuhr von Kolonialwaren) und die militärische Dienstpflicht wurden sehr drückend empfunden. Reiche Leute konnten gegen gute Bezahlung Einständer stellen, andere ließen ihre Söhne rechtsr{h}einisch Theologie studieren, denn Pfarrer waren militärfrei. Die Beteiligung Eichlocher Bürger im Napolèonischen Heere ist aus den Departementsakten (Staatsarchiv Darmstadt) ersichtlich; auf dem Wörrstädter Veteranendenkmal findet sich als „Gefallen“ verzeichnet der casseur der Kaiserlichen Garde 2. Grosch aus Eichloch. Aus den Standesamtsregistern jedenfalls ist nichts ersichtlich. Das Standesamtswesen wurde von den Franzosen ebenso hervorragend reformiert und von den Pfarreien den mairien übertragen. Die Heirat wurde ganz des kirchlichen Zwangs entkleidet. Eichlocher Heiraten gingen danach so von Statten: Der maire von Armsheim begab sich vor den Haupteingang der mairie und verkündete laut und feierlich der sich ansammelnden Menge die Heiratsabsicht, das Aufgebot. Dies wurde dann eine Woche mit einem Sträußchen ins „Kästchen“ gehängt, wie es heute noch geschieht, und dann abermals auf gleiche Weise verkündet. Hierauf erklärt im Amtszimmer der Maire vor 4 Zeugen den Brautleuten, daß ihre Ehe hiermit geschlossen sei. Eine wichtige Neuerung gab ferner der Namenszwang für Juden. Diese nannten sich früher einfach mit dem Rufnamen ihrer Vorfahren, was zu Verwechslungen Anlaß gab. Trotz der Gesetzesvorschrift ist diese Sitte noch nicht verschwunden, und die in Eichloch vor dem Krieg noch ansässigen Judenfamilien waren – wie 200 Jahre vorher – nur unter dem Namen bekannt: s’Heyums, s’Isrols und s’Dovids, den Namen ihrer Stammväter. Am 17. Oktober 1808 nahmen alle vom alten Heyum stammenden Eichlocher Juden den Namen „Bronné“ an und aus einer Schlotte Heyum wurde eine Charlotte Bronné, aus Simche IsraelSimon Bronné, aus Besje wurde Elisabeth, David Heyum wurde David Bronné. Sie liegen jetzt alle auf dem schönen, aussichtreichen jüdischen Friedhof auf der Höhe am Feldweg nach Armsheim begraben. Ein anderer Eichlocher Jude Mayer Moise war Diener bei dem französischen Volksrepräsentanten, späteren General Georg Friedrich Dentzel, einem alten bekannten unseres Magister Laukhard, der uns seine Erlebnisse mit Dentzel als Revolutionsmann anschaulich schildert. Dentel war 1808 in Mainz und sein Diener, unser Landmann, bei ihm; er nahm am 2. November 1808 den Namen Martin Moser an. Ob die vermögende Mainzer Familie Moser von ihm stammt, konnte ich nicht feststellen. In Eichloch gab es 1834 noch 36 Juden bei einer Gesamtseelenzahl von 479; heute wohnt kein Jude mehr im Ort. Das Jahr 1813 mit dem Rheinübergang Blüchers und seiner Alliierten, vor allem der wilden russischen Horden, brachte das Ende der Napoleonischen Herrschaft. Erinnerung an diese „Franzosenzeit“ ist noch im Volk erhalten. Französische Worte sind in großer Anzahl in den Sprachschatz des Rheinhessischen übergegangen, wie greffche=greffier, d. h. Gerischtsschreiber, Huissier=Gerichtsvollzieher, montre=Schausteller, Gruscheln=grouselles=Stachelbeeren, Chareboache=charábác und viele andere. Der Geburtstag Napoleons, der 15. August, ist älteren Landwirten noch heute als „Napoleonstag“ für den Erntebeginn wichtig. Sogar im Kinderliedchen (Abzählspiel): Ennche dennche, duß mone usw. - - duße! hat sich das Französische erhalten, denn das heißt: un, deux, {doux} monnaie etc…toussez! (= eins, zwei liebes Geld usw. stoßt!) Der Einzug der Kosaken brachte unserer Gemeinde schwere Einquartierungslast und sogar ein blutiges Opfer. Die Kosaken waren so zahlreich erschienen, daß sie nicht all in den Häusern untergebracht werden konnten, sondern sogar im Hof lagerten. Wie die Großmutter des heute hochbetagten, aber gesunden und munteren Herrn Kreis diesem erzählte, lagen die schlafenden Kosaken so dicht in ihrem Hof, daß der „Pfannebäcker“, der damals in Eichloch ansässig war und die Familien Kreis besuchen wollte, nur vorsichtig die Beine hebend über die Kosaken ins Haus schreiten konnte. Am 7. Dezember 1813 war der Hausvater Johann Simon (abgekürzt Hanselmann) Kreis, als er an der Weed in der Obergasse den einreitenden Kosaken zusah, von diesen ohne jeden Grund erschossen worden.

Nach dem endgültigen Sieg über Napoleon kam Rheinhessen, das damals noch nicht so hieß, zum Großherzogtum Hessen; es konnte nach energischem Kampf gegen rechtsrheinische Bestrebungen sich die Vorteile des französischen Regimes erhalten. Die Errichtung von Zollgrenzen seitens der umliegenden Staaten brachte die rheinhessische Bevölkerung in schwere wirtschaftliche Not, die erst 1828, durch Abschluß der Zollvereins mit Preußen ihr Ende nahm. Dem Mangel an Straßen wurde durch Neubau abgeholfen. So wurde 1826 die für Eichloch damals wichtige Straße Wörrstadt, Sulzheim, Wallertheim, Wöllstein beschlossen; sie folgte etwa der alten Handelsstraße am Fuß des Greifenbergs entlang, auf dem früher eine Burg stand, von der noch 1870 einige Trümmer zu sehen gewesen sein sollen. Die revolutionäre Bewegung von 1848 hatte eine „Reichsverfassung“ geschaffen, die aber bereits 1849 von den Fürsten nicht mehr respektiert wurde. Folge davon war die badisch-pfälzische Bewegung. Zentrale der Pfälzer Bewegung war das benachbarte Wörrstadt, wo im Anfang des Mai 1849 das Provinzialkomitée seinen Sitz nahm und wo sich am 10. mai bewaffnete Revolutionäre zu einer „Armee“ sammelten, Waffen und Munition angehäuft wurden und von wo sich am 11, Mai die „Armee“, begleitet sogar von zwei in Rüdesheim gekauften Bergkanonen, in Bewegung setzte. Die Bewegung endigte kläglich mit einem Riesenprozeß vor dem Schwurgericht in Mainz im Jahr 1850. Sicher hatte die Bewegung, deren Zentrum so nahe unser{m} Ort war, auch hier Interessenten gehabt. Als einzige Erinnerung fand sich vor dem Krieg auf dem Speicher des Nachbars Kreis eine illustrierte {Flug}schrift, von der die alte Frau Kreis mir sagte, sie hätten in den vierziger Jahren die kirchen- und fürstenfeindliche Schrift auf dem Speicher verstecken müssen; überhaupt habe man damals nicht laut Kritik üben dürfen, sonst wäre man bestraft worden.

Nach den 48er Jahren vollzog sich die Entwicklung der Gemeinde Eichloch in ruhigen Bahnen und eine behäbige Wohlhabenheit der Bevölkerung konnte Platz greifen. Das Jahr 1866 fand die Wehrfähigen der Gemeinde auf österreichischer Seite gegen die Preußen. Der Krieg 1870/71 vereinigte die deutschen Stämme zu militärischem und wirtschaftlichem Sieg über Frankreich; auch hier haben unsere Veteranen ihre Pflichten gegen Volk und Vaterland getreulich erfüllt. Aber dieser Sieg trug den Keim des Weltkriegs 1914-18 bereits in sich, des Furchtbarsten was Menschen erdenken und erleben konnten. Männer und Jünglinge von Eichloch zogen mit ihren Volksgenossen, begeistert gemeinsamer Idee und Pflicht hinaus ins Feld, aber nicht alle kehrten wieder, nicht alle konnten nach ihrer Rückkehr den in sie während der Kriegsstrapazen gepflanzten Todeskeim ausrotten. Ehre dem Andenken all der wackeren Landsleute, die für das Wohl der Zurückgebliebenen ihr Leben opferten! Es bleib ihnen wenigstens erspart, die wirtschaftliche Katastrophe der Inflation, die Leiden während des passiven Widerstands und die Not unserer Zeit zu erleben.


1) Anmerkung: Mansus = Hof, Maß für größeres Gut; Joch = so viel 1 Joch Ochsen an einem Tag umplügen können; huse, hube = 30 Morgen; Hübner = Bebauer von 30 Morgen; 1 Tagwerk = etwa 1 Morgen; 1 albus = Groschenstück aus Silber

2) Platzmangel zwingt mich leider, auf den geplanten Abdruck aller Flurnamen zu verzichten.

3) Anmerkung: Klaffen, heute Kläffen = viel und laut wichtigtuerisch reden. Ein Rathaus gab es damals in Eichloch noch nicht; das jetzige ist Mitte das 17. Jahrhundert erbaut. So wurde denn früher auf freiem Ortsplatz, vielleicht unter einer alten Lind öffentlich bera{te}n. Scherzhaft nannten das die Eichlocher ihr „Klaffhaus“; allmählich wurde die Scherzbezeichnung zum offiziellen Namen des Dorfplatzes, der sicherlich mit dem heute vor Rathaus und Kirche liegenden Platz identisch ist._

4) Anmerkung: Den interessanten Text muß ich mir wegen Platzmangel versagen, hierher zu setzen.

5) Eines seiner Gedichte brachte ich in die vorl. Festschrift.


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Die Eichlocher Grenzsteine.(Von Dr. Georg Durst, Alzey.)

Wer bei einem Gang durch die heimischen Fluren einmal die Grenzsteine einer unserer rheinhess. Gemarkungen näher untersucht, dem fällt auf, daß sie durchaus nicht immer gleich groß oder aus demselben Material gearbeitet sind. Vielmehr ist festzustellen, daß sie hierin und ebenso hinsichtlich der eingehauenen Wappen, Buchstaben oder Jahreszahlen recht verschieden sind. Diese Zahlen aber ermöglichen es, die Entwicklung einer Gemarkungsgrenze durch die letzten Jahrhunderte zu verfolgen. Meistens wurde durch die mit dem Steinsatz betrauten Feldgeschworenen ein größeres Stück der Grenze neu ausgesteint, undzwar so, daß die neuen Marksteine zwischen bereits vorhandene eingeschoben wurden, wodurch sich deren Zahl im Laufe der Zeit vermehrte.

Die Gewohnheit, zur Abgrenzung der Gemarkung eines Dorfes gegen die Fluren des Nachbardorfes ausschließlich Satzsteine zu verwenden, ist noch nicht alt. Vor wenigen Jahrhunderten dienten zu diesem Zwecke auch Wege, Effenreihen, Dornhecken, einzelne Bäume, Markbäume oder Lochbäume genannt. Manchmal mußten sogar einfache Holzpflöcke genügen, weswegen es auch von einem Acher hieß, er sei der Gemeinde "zugestockt und zugesteint". Daneben freilich erwähnen die alten Grenzweistümer die zunächst noch unbehauenen "Marksteine" in wachsender Zahl. Die meisten Grenzsteine aus dem Mittelalter sind im Laufe der Zeit ersetzt worden. An ihre Stelle traten regelmäßig geformte, meistens mit der Zahl des Jahres, in dem sie gesetzt wurden, versehene Hausteine. Außerdem trugen sie auf den entsprechenden Seiten das Wappen der Dörfer bezw. deren Anfangsbuchstaben oder auch beides.

Seit dem Jahr 1600 häufen sich Marksteine dieser Art; es steht fest, daß zwischen 1600 und 1619 die meisten Orte unserer Gegend mit der genaueren Aussteinung begonnen haben. Die Grenzen der Gemarkung Eichloch wurden schon in dieser frühen Zeit regelrecht und gegen fast alle Angrenzer mit Marksteinen versehen. Folgende Nachbardörfer kommen dabei in Frage: im Nordosten Wörrstadt, um 1600 zur Hälfte der kyrburgischen, zu je einem Viertel der Dhauner- bezw. der Grumbachischen Linie der Wildgrafen gehörend. Im Osten Spiesheim, damals bereits vollständig im Besitz der Kurpfalz. Im Süldosten stößt Ensheim an, ebenso pfälzisch wegen Simmern. Daran schließt im Süden das ebenfalls kurpfälz. Armsheim, im Westen das in gleichem Besitz befindliche Schimsheim. Statt der heute im Nordwesten angrenzenden Gemark Sulzheim war zu der Zeit Angrenzer das früh untergegangene Dorf Rommersheim, von dem noch die Rede sein wird; es war im Besitz des Klosters Altenmünster zu Mainz.

An einem Feldrain, in der Nähe des Neuborns, fand sich der älteste Markstein. (Vgl. zum Folgenden das Kärtchen!). Er wurde nach Ausweis der eingehauenen Zahl im Jahre 1602 gesetzt und trägt auf der Eichlocher Seite die Zeichen SALB. Dies sind die Anfangsduchstaben von St. Alban, des berühmten, uralten Klosters auf dem Albansberg vor Mainz. Dieses hatte größeren Besitz in Eichloch und es stand ihm zweidrittel des Dorfzehnten zu. Auf das übrige Drittel hatte der evangelische Pfarrer Anspruch. Auf der Wörrstädter Seite des Steines findet sich das bekannte Wappenzeichen dieses Ortes, ein an den 4 Enden umgebogener Rost. Merkwürdig ist, daß sich sonst kein Grenzstein aus dem Jahre 1602 erhalten hat.

Im Jahre 1611 wurde das erste größere Stück der Eichlocher Grenze, das gegen Rommersheim, mit etwa 23 größeren, gut gearbeiteten Steinen besetzt. Da außerdem auch noch fünf weitere derselben Art zwischen Rommersheim und der Wörrstädter Mark stehen (auf dem Altenberg), so wurden sie von dem Altenmünsterkloster zu Mainz, dem damaligen Besitzer von Rommersheim, gesetzt. Nach frühem Untergang des Dorfes war davon nur ein Hof und eine Kirche übrig geblieben. Nachdem auch der Hof verfallen war, wurde der wertvolle, aus Ackerland und Weinbergen bestehende Besitz im Jahre 1606 der Nachbargemeinde Sulzheim in Pacht gegeben. Ein hervorragend ausgehauener Krummstab zwischen A und MC kennzeichnet die Rommersheimer, SALW die Eichlocher Seite der Steine. Entsprechend der Aussprache unserer einheimischen Mundart braucht es uns nicht zu wundern, daß hier der Steinmetz anstelle des B ein W setzt. Ein Wappen ist auf der Eichlocher Seite nicht vorhanden, es fehlt überhaupt, außer auf einigen späten Grenzsteinen aus den Jahren nach 1790. Erst seitdem wurde gelegentlich eine Eichel als "sprechendes Wappen" eingehauen.

Zwei Jahre später, 1613, kommt die Nordostgrenze gegen Wörrstadt dran. Sie verläuft durch die Weinberge des Kachelberges über die Chaussee Eichloch—Wörrstadt, den Rommersheimer Bach aufwärts zum Neuborn, von da den Weg entlang bis in die Nähe der Kaiserstraße, wo die Spiesheimer Grenze anfängt. Die Steine wurden z.T. auf beiden Seiten des Weges angeordnet. Sie weisen wieder SALB 1613 gegen Eichloch, den Rost gegen Wörrstadt auf und sind größtenteils bis heute erhalten. Der Dreimärker an der Stelle, wo die Gemarkungen Eichloch, Wöerstadt und Spiesheim zusammenstoßen, ist jünger.

Bald darauf, 1614, wurde dann der Steinsatz nach Süden, gegen Spiesheimer Gemark, fortgeführt. Die Grenze wird an ihrer östlichen Stelle von der Kaiserstraße geschnitten, entfernt sich von dieser wieder in Zickzacklinie nach Westen und endet schließlich "am Fischbaum" wo die Ensheimer Flur anstößt. Es ist möglich, daß diese Gewannbezeichnung von einem früheren Grenzbaum herrührt. Vier Steine mit der Jahreszahl 1614 sind gegen Spieoheim erhalten, darunter auch der Dreimürker Eichloch, Spiesheim, Ensheim. Da sie sich aber nach Südwesten, die Ensheimer Grenze entlang fortsetzen, müssen sie von der Gemeinde Eichloch gesetzt sein. Die Spiesheimer Seite trägt als Ortszeichen einen Spieß. Auch auf der Seite nach Ensheim zu weisen die Grenzsteine kein Wappen auf, sondern die merkwürdigen Anfangsbuchstaben EBS, welche vielleicht am ehesten mit E(nsheim), B(ann), S(immern) zu erklären sind, da Ensheim alter Besitz von Pfalz-Simmern war. Die Grenze Eichloch-Ensheim verläuft gradlinig nach Südwesten, bis an den Rand der Hochfläche, Gewann "auf dem Berg", wo der Feldweg von Spiesheim nach Armsheim steil abzufallen beginnt.

Weniger einheitlich ist die Grenze gegen Armsheim. Sie weist nur drei aus dem ersten Jahre des dreißigjährigen Krieges (1618) stammenden Steine auf, zu denen auch der beschüdigte Dreistein gehört. Zunächst durchquert die Grenze die Weinberge der "Kachel", läuft dann auf dem "Goldert" einen Grenzrech entlang bis oben auf den Getersberg. Dort biegt sie senkrecht um, stößt auf die Schimsheimer Gemarkung und verläuft gradlinig in nordwestlicher Richtung über die Straße Schimsheim-Eichloch und die Bahnstrecke bis an die Rommersheimer Großgewann. Gegen Armsheim haben die drel Steine von 1618 einen Arm mit gespreizten Fingern; in der Handfläche erscheint ein A. Auf der Eichlocher Seite steht wieder SALW, ebenso wie auf dem Dreimärker Eichloch, Schimsheim, Rommersheim. Dieser ist auch beschädigt und enthölt nur die Anfangsziffern 16 mit dem Rommersheimer Krummstab, während die beiden Endziffern fehlen. Der auf der Schimsheimer Seile eingehauene spitze gotische Schild aber findet sich noch einmal südwestlich der Rommersheimer Mühle, auf einem schönen Stein aus dem Jahre 1619. Er stand früher auf der Grenze zwischen Rommersheim und Schimsheim. Nach Eichloch zu trägt er (irrtümlich) den prächtig erhaben gearbeiteten Krummstab, nach der Sulzheimer Seite das frühere Schimsheimer Zeichen, ein S in einem eben solchen gotischen Wappenschild. Er ähnelt so stark dem auf dem erwähnten Dreimärker, daß man annehmen kann, daß dieser wenn nicht gleichzeitig, so doch wenig später gesetzt worden ist.

Durch den dreißigjährigen Krieg scheint dann die Sorge um die Grenze eingeschlafen zu sein, denn erst 100 Jahre später wurden wieder neue Grenzsteine in größerer Zahl erstellt. Zunächst wurde im Jahre 1724 ein Teil der Armsheimer Grenze ausgesteint und zwar durch die Eichlocher Feldgeschworenen. Ein weiterer Teil und dazu die Schimsheimer Grenze folgten 1731. Steine aus diesem Jahr finden sich so häufig auf den Grenzen der pfälzischen Dörfer, daß sie sicher von Armsheim und Schimsheim aus gesetzt worden sind. Die letzteren zeigen das Rautenwappen, ebenso wie die späteren Schimsheimer Marksteine. 1740 wurde dann noch das gradlinige Stück der Grenze, gegen die inzwischen in den Besitz von Sulzheim gekommene Rommersheimer Großgewann (vom Pfaffenberg bis vor die Rommersheimer Mühle) ausgesteint. In demselben Jahr wurde auch am Bach entlang bei den Talmühlen eine Lücke in der Grenzziehung ausgefüllt (vgl. die Karte !).

So blieb nur die Aufgabe, zwischen die vorhandenen noch neue Grenzsteine einzuschieben. Das Ackerland wurde infolge der sich ständig vermehrenden Bevölkerung teurer, gemeinsame Allmenden, welche als Viehweiden dienten, wurden auf die teilhabenden Dörfer verteilt, die letzten Wüstungen (vgl. die "Wildheide" gegen Armsheim) wurden gerodet. Infolgedessen zog man die Grenzen sorgfältiger, auch um Grenzstreitigkeiten auszuschließen. 1710 und 1713 waren schon gegen Armsheim, 1716 gegen Schimsheim, 1717 am Treffpunkt mit beiden Gemarkungen einzelne Steine errichtet worden; 1741, 1742 und 1747 wurde in ähnlicher Weise die Grenze gegen Wörtstadt vervollständigt. Um diese Zeit wurde dann die Spiesheimer Grenze mit 12, die Ensheimer mit 10, die Wörrstädter mit 4 gut behauenen, oben abgerundeten Steinen versehen, welche keine Jahreszahl aufweisen. Sie sind von den genannten Gemeinden zwischen die älteren Steine gesetzt worden. In gleicher Weise wurde 1756 die Schimsheimer Grenze vervollständigt, wobei das pfälzische Rautenwappen in der merkwürdigen Form einer Mondsichel erscheint. Aehnlich wurde 1775 gegen Wörrstadt, 1779 gegen Sulzheim, den Besitzer von Rommersheim, und schließlich 1781 gegen Armsheim und Schimsheim verfahren.

Es blieben noch die wenigen, kurz vor der Franzosenzeit (1790) erstellten Steine zu erwähnen, auf denen infolge der inzwischen allgemein aufgehobenen Hoheitsrechte der geistlichen Herrschaften, einige Jahre später die Buchstaben EL (Eichloch) und zwischen ihnen die Eichel als sprechendes Wappenzelchen nachträglich eingehauen wurden. Dazu kommen dann noch einzelne Steine aus den Jahren 1758, 1763, 1769, 1787 und 1788. Auf ihnen erscheint manchmal SAB oder auch SAW als unverstandene Abkürzung. Die Grenzsteine aus der Zeit nach 1800 haben meist quadratischen Grundriß, sind schmucklos und tragen nur den Anfangsbuchstaben des Dorfes. Sie haben daher kein historisches Interesse. Jedenfalls aber ergibt sich die Notwendigkeit, im Falle einer Flurbereinigung auf die Erhaltung alter Grenzsteine, welche einen Blick in die Vergangenheit tun lassen, die ihnen gebührende Rücksicht zu nehmen.
Grenzsteine-Karte

Brilmayer 1905 Festschrift 1954